Am Morgen geht Modjtaba zur Arbeit. Sepideh und ich machen uns kurze Zeit später auf den weiten Weg zum Friedhof „Behesht-e Zahra“, der fast außerhalb der Stadt liegt. Dazu müssen wir wieder Taxi, Metro und Taxi fahren. Allein die Metrofahrt dauert eine Stunde, doch es wird nicht langweilig: ständig laufen Verkäuferinnen im Frauenabteil hin und her und werben für Strümpfe, Haarspangen, Luftballons oder gefälschte Puma T-Shirts. Die Frauen kommen untereinander ins Gespräch. Meine Tante erzählt einer wildfremden Dame, dass wir auf dem Weg zum Grab ihres Sohnes sind, der vor vierzehn Jahren an Knochenkrebs starb, und zum Grab ihrer kürzlich verstorbenen Mutter. Die Fremde ist sehr ergriffen. Ein kleines Mädchen läuft hin und her und guckt neugierig in die offenen Taschen. An der Station Imam Khomeini strömen plötzlich viele Männer durch die Türen, weil die restlichen Abteile schon zu voll sind. Die Metrofahrerinnen regen sich auf. „Aġa, boro birun! Chera inja safar shodid?“ Ich reg’ mich auch auf. Das ist schließlich unser Abteil und jetzt wird es ganz schön eng hier… Aber nach einer Weile beruhigen wir uns wieder. Eine Frau im Chador ist neugierig als sie mitkriegt, dass ich kein Persisch spreche und fragt Sepideh über mich aus. Wie alt ich sei, woher ich komme, ob ich verheiratet sei und ob ich Schiitin bin (die Schia bildet nach den Sunniten die zweitgrößte Glaubensrichtung des Islams; die Iraner sind meist Schiiten). Bevor ich irgendwas Blödes sage, beantwortet meine Tante die letzte Frage: ja, der Vater sei Moslem. Dann zückt die verschleierte Frau ihr Smartphone und sucht über den Touchscreen das Foto ihrer 24-jährigen Tochter raus. Die ist blondiert, toupiert, stark geschminkt und posiert aufreizend für die Kamera. „Dokhtare khashang-e“ sage ich höflich und die Mutter ist zufrieden.