Teheran Tagebuch – Lektionen einer Reise (Lektion 1 & 2)

Lektion 1: angekommen

Vokabeln:

gute Reise – safar-e khubi dashte bashid

Flughafen – forudgah

Flugzeug – hava peymā

Anschnallen – baste bashe

Entschuldigung – bebakhshid

Bitte – lotfan

Danke – merci / motshakeram / mamnun

(„kh“ wird wie bei Kuchen ausgesprochen, „j“ wie bei Jeans und z wird als weiches s wie bei Soße ausgesprochen)

Nach nur einer Woche intensiver Vorbereitung, sechs Stunden Flug und circa 45 Minuten Taxifahrt bin ich in Teheran bei meiner Tante Sepideh und meinem Onkel Modjtaba angekommen. Zum ersten Mal im Iran, dem Vaterland meines Vaters. Alles verlief bisher so glatt, dass ich mich frage, warum ich 30 Jahre gewartet habe. Das Konsulat in Frankfurt hat mir schnell und unkompliziert die nötigen Papiere ausgestellt. Den Flug habe ich erst Montag gebucht. In meinem Sprachkurs für Farsi an der Dekhoda Schule trage ich mich übermorgen direkt in Teheran ein, indem ich die Teilnahmegebühr bar mitbringe. Was also hielt mich ab, schon früher zu kommen? Ich spreche die Sprache nicht. Ich hatte nie Zeit. Die politische Situation schien gespannt… Das kommt mir jetzt vor wie lauter Ausreden. Gut, dass ich keine mehr parat hatte, als ich mir vor wenigen Wochen überlegte, was ich mit meiner frei gewordenen Zeit anfangen könnte. Die Beziehungen zum Iran blühen seit der letzten Wahl langsam wieder auf. Mein Volkshochschul-Persisch kann ich nur im Iran aufbessern und Zeit habe ich als frisch gebackene Arbeitslose endlich mal mehr als nur ein paar Tage gut auf das Jahr verteilten Urlaubsanspruch. Endlich bin ich hier: bei meinen Verwandten in der Megacity Teheran.

Lektion 2: Kebab und Kopftuch

Vokabeln:

gegrilltes Küken – Juje Kabab

gegrilltes Lamm – Chelo Kabab –

Guten Appetit – Nushejan

lecker – khoshmazeh

Willkommen – khoshamadid

Koffer – chamedān

80.000 Rial – hasht hezār toman

Am Iran Air-Schalter im Frankfurter Flughafen herrscht Chaos. Großzügige 45 Kilo Gepäck sind erlaubt. Die meisten iranischen Passagiere sind jedoch hoffnungslos überpackt und feilschen und handeln um jedes Gramm. Ich habe es auch ganz schön ausgereizt: 41 Kilo gebe ich auf, weitere 4 Kilo schleppe ich als Handgepäck mit. Leicht reisen ist etwas Anderes… Aber ich bleibe ja auch für zwei Monate im Iran. Wenn ich die ganzen Geschenke und Mitbringsel los bin, möchte ich den Koffer wieder mit schönen orientalischen Sachen füllen: Gewürze, Schmuck, einem Perserteppich.

Der Flieger ist zu 97 Prozent mit waschechten Iranern belegt. Nur wenige Nicht-Iraner sind dazwischen gestreut. Ich zähle mich selbst zu den Nicht-Iranern, werde aber ausschließlich auf persisch angesprochen. Iran ist nicht gerade ein Touristen-Magnet. Oder vielleicht ziehen Europäer es vor, mit Lufthansa zu fliegen. Bei Iran Air ist nämlich schon Kopftuchtragen beim betreten des Flugzeugs angesagt. Dafür ist der Service sehr freundlich und bemüht. In der Economy Class sind vor allem Stewards damit beschäftigt, uns schwarzen Tee, Gaz (der persische Marschmello), Juje oder Chelo Kabab zu servieren. Blockbuster aus Hollywood, wie man sie aus anderen großen Airlines zur Unterhaltung kennt, gibt es keine. Auf dem großen Flachbildschirm wird eine Slideshow mit lieblichen Aufnahmen von idyllischen iranischen Landschaften zeigt. Ich kenne das schon, dafür scheinen die Iraner ein Faible zu haben: Wasserfälle, zwitschernde Rotkehlchen, Mohnblumen im Wind. Eine wirklich reiche Natur, auf die die Iraner auch mächtig stolz sind. So auch Ehsan, der neben mir sitzt und mit dem ich mich fast den ganzen Flug ziemlich offen über alles Mögliche unterhalte. Ehsan kommt aus Isfahan, der wahrscheinlich schönsten Stadt Irans. Er gibt mir Tipps für Teheran und weitere Ausflüge. Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir sind plötzlich schon am Landen. Bei der Passkontrolle bin ich unschlüssig, ob ich mich bei ‚Iranians’ oder ‚Foreigners’ anstellen soll. Schließlich ist die Reihe bei Iranians kürzer. Der Grenzschutzbeamte freut sich sichtlich, dass ich zum ersten Mal im Iran bin und heißt mich willkommen. Mit ungebetener Unterstützung eines Kofferschleppers, der mir 80.000 Rial abknüpft, sitze ich wenige Minuten später im Taxi. Der Taxifahrer spricht fast eine ganze Stunde lang kein Wort mit mir – weder auf Persisch noch auf Englisch –, dabei hätte ich so viele Fragen. Aber er bringt mich für einen fairen Preis zu der von mir angegeben Adresse, wo Onkel und Tante auf mich warten. Ein nächtliches Wiedersehen nach 13 Jahren.